Resümee Latitude49
Ein Jahr Latitude49 Stipendium ist nun vorüber. Wir blicken auf 12 ereignisreiche Monate zurück und sind gespannt darauf, was uns die Zukunft bringt. Heute möchten wir ein kurzes Resümee ziehen und schauen deshalb nochmal auf die Motivation zurück, mit der wir uns für das Stipendium beworben haben. Vor etwas mehr als einem Jahr wurde uns in der Bewerbung die Frage gestellt, was wir uns von dem Stipendium versprechen.
Unser Ziel ist der Erhalt der biologischen Vielfalt. Ungewissheit über die Konsequenzen menschlicher Einflüsse bei der Gestaltung urbaner und ländlicher Lebensräume soll kein Grund mehr für den Verlust von Biodiversität sein. Mit Hilfe der Aggregation von Daten aus Bienenstöcken wollen wir ein Werkzeug für nachhaltigere Entscheidungen bei der Gestaltung von Grundstücken, Städten, Kommunen und landwirtschaftlich genutzten Flächen schaffen.
Zu denken, dass wir das alleine schaffen wäre Wahnsinn, denn weder Zeit, Geld, Macht noch Kompetenz können das gesellschaftliche Umdenken erreichen, das dafür notwendig ist. Dafür braucht es einen unkonventionellen Raum und Freiheit zum anders arbeiten und denken, den Rat von Vordenkern und Gestaltern verschiedenster Bereiche und die Unterstützung der Öffentlichkeit.
Von Latitude49 erhoffen wir uns den Rahmen, in dem wir diesen Freiraum, das Mentoring und die gesellschaftliche Plattform haben, um unsere Vision der Zukunft gemeinsam mit den Menschen der Region weiterzuentwickeln und Wirklichkeit werden zu lassen.
Haben sich diese Hoffnungen erfüllt?
Ein unkonventioneller Raum und Freiheit zum anders arbeiten und denken
Im Latitude49 Zukunftslabor, von uns liebevoll auf den Namen „Container“ getauft, haben wir in den letzten 12 Monaten eine Heimat gefunden. Inzwischen ist er ein Teil unserer Identität geworden und viel mehr als nur unser Büro. Hier wurden unsere Systeme entworfen und montiert, Nächte durchprogrammiert, Gäste und Journalisten empfangen, Strategien erdacht und verworfen, Mentoren ausgefragt und Feste gefeiert.
Im Winter warm und im Sommer kühl haben wir darin ideale Bedingungen für die Arbeit vorgefunden. Was wir an bzw. in ihm besonders lieben? Gemeinsame Koch- und Grillabende mit dem Team auf der Veranda, die unmittelbare Nähe zu unseren Bienen und dass keiner aus dem Team mehr als zehn Minuten auf dem Rad unterwegs ist, um ihn zu erreichen.
Um mehr Platz für unser wachsendes Team zu schaffen, haben wir im Mai durch die Umgestaltung und neue Möbel vier weitere Arbeitsplätze im Container geschaffen. Zusätzlich konnten wir mit einem Raum im Malzwerk das Zukunftslabor noch ein bisschen vergrößert. Dort fand sich genug Platz für unsere CNC-Fräsmaschine, auf der seitdem fleißig neue Prototypen gefertigt werden.
Rat von Vordenkern und Gestaltern verschiedenster Bereiche
Während der Veranstaltungen mit den Sponsoren, Mentoren und der Öffentlichkeit haben wir viel Unterstützung für unsere Mission erfahren und viele interessante Gespräche geführt. Die Fortschritte im vergangenen Jahr haben wir in großen Teilen dem Rat vieler offizieller und inoffizieller Mentoren zu verdanken. Der Austausch mit dem Team von Latitude49, der Hoepfner Stiftung, Frau Prof. Dr. Dr. Ovtcharova und den verschiedenen anderen Mentoren hat uns in Bezug auf unser Vorhaben und auch persönlich wertvolle Impulse und Denkanstöße gegeben. Besonders gefreut haben wir uns immer über die spontanen Besuche des Burgherren Dr. Hoepfner, bei denen wir über unsere Entwicklung sprechen konnten und gemeinsam das ein oder andere Getränk verkostet haben. Bei der Gewinnung der Stadt als Unterstützer unseres Vorhabens haben David Hermanns und er uns maßgeblich geholfen.
Besonderer Dank gilt weiterhin Ralph Suikat und Stephan Wolff, die sich viel Zeit für uns genommen und ihre langjährigen Erfahrungen als Unternehmer bei regelmäßigen Mentoring-Treffen mit uns geteilt haben.
Gemeinsam Visionen der Zukunft entwickeln und Wirklichkeit werden lassen
Waren wir beim Stifterfest 2018 noch zu dritt, besteht das apic.ai Team heute aus acht Mitarbeitern und weiteren fünf Studierenden, die uns im Rahmen ihrer Projektarbeiten an der Hochschule Karlsruhe unterstützen. Neben den Zweibeinern gehören aber auch Hautflügler dem Team an. Rund 100.000 Bienen, die im Garten hinter der Hoepfner Villa ein Zuhause gefunden haben begleiten die Entwicklung unseres Systems. Der Prototyp ist das gelungene Resultat der Zusammenarbeit beider Spezies. Die Burgbienen fühlen sich nach wie vor sehr wohl im „Urwald“ hinter der Villa. Durch die Schaffung eines Ablegers kam im Frühjahr noch ein weiteres Volk hinzu. Besonders freuen sich die Bienen über die Bienenweide, die dieses Jahr überall auf dem Gelände ausgebracht wurde. Nach Fernseh- und Radiobeiträgen sowie einer ganzen Reihe Besuchen und Interviews durch Pressevertreter könnte man sie inzwischen fast als Prominente bezeichnen. Als fleißige Sammlerinnen von Pollen tragen sie ständig die „Farben der Saison“ in den Stock und in ihrem exklusiven Hoenig schmeckt der Kenner den einzigartigen Charakter der Oststadt.
Wer seine Ideen in die Wirklichkeit bringen möchte, kommt meist nicht umhin auf dem Weg auch ein paar Euros liegen zu lassen. Das bedingungslose Grundeinkommen, welches mit dem Stipendium verbunden war, hat uns besonders zu Anfang den Freiraum gegeben, Dinge auszuprobieren und zu experimentieren ohne uns rechtfertigen oder ständig aufs Geld schauen zu müssen. Die darüber hinaus zur Verfügung gestellten Materialkosten haben wir genutzt, um die Entwicklung unserer Prototypen voranzutreiben. Im Verlauf des letzten Jahres konnten wir ihn so von einer im FabLab gelaserten Holzkiste zu einem autarken, witterungsbeständigen und vernetzen System weiterentwickeln.
Bei der erfolgreichen weiteren Umsetzung unseres Vorhabens spielt die Unterstützung der Stadt und ihrer Menschen eine entscheidende Rolle. Unsere Prototypen sind inzwischen für Tests bei Imkern im gesamten Stadtgebiet installiert, um Daten über die Völker und die Lebensbedingungen für Insekten in ihrer Umgebung zu sammeln. Mit den Stadtwerken Ettlingen, der Baugenossenschaft Familienheim und AUNOVIS konnten wir zudem starke Partner in der Region gewinnen, die uns einerseits finanziell unterstützen, andererseits aber auch Projekte durchführen, um ihre Standorte insektenfreundlicher zu machen. Sie setzen unsere Prototypen bei ihren eigenen Bienen ein, um uns zu helfen die Datenbasis zu verbreitern, durch die wir die Ursachen des Insektensterbens untersuchen wollen.
Abschließend lässt sich sagen, dass uns das Latitude49 Stipendium den Freiraum geschaffen hat, uns unserem Vorhaben zu widmen und unsere Ideen gemeinsam mit verschiedensten Vordenkern aus Unternehmen, Politik und der Öffentlichkeit immer wieder zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. All unseren Unterstützern möchten wir an dieser Stelle nochmal Danke sagen!
Und wie geht es weiter mit apic.ai?
Wir freuen uns sehr noch ein weiteres Jahr im Container bleiben zu dürfen. Bis Ende Juli möchten wir unser Pilot-Testfeld zur Erfassung der Biodiversität fertigstellen. Mit Hilfe der dort erhobenen Daten möchten wir Problembereiche in Karlsruhe und Ettlingen aufdecken, die für Bienen und andere Bestäuber aufgrund von Umwelteinflüssen oder temporären Futterengpässen keinen geeigneten Lebensraum darstellen und in denen die Biodiversität aus diesem Grund nicht dauerhaft gewährleistet werden kann. Den Rest des Jahres werden wir mit dem weiteren Training und der Verbesserung der Software und der Weiterentwicklung der Hardware verbringen. So schaffen wir die Grundlagen dafür, dass wir 2020 in Karlsruhe systematisch und flächendeckend Daten über die Biodiversität sammeln und Erkenntnisse daraus ableiten können, auf deren Basis die Stadt zu einem besseren Lebensraum für Insekten gemacht werden kann. Um die Situation in diesen Gebieten dauerhaft zu verbessern, möchten wir in Zusammenarbeit mit Experten konkrete Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt entwickeln.
Unser erklärtes Ziel bleibt, dass mangelndes Wissen über die Konsequenzen menschlicher Eingriffe in die Natur, sei es in der Landwirtschaft oder im Städtebau, kein Grund mehr für den Verlust von Biodiversität sind. Wir werden auch in Zukunft unsere Herzen, unseren Verstand und neueste Technologien einsetzen, um dieses Ziel zu erreichen.